Vier Betriebe im Main-Kinzig-Kreis besichtigt
In den vergangenen beiden Wochen haben der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Main-Kinzig, Bruno Wörner, und Geschäftsführer Dr. Heiko Habermann mit der Ersten Kreisbeigeordneten des Main-Kinzig-Kreises, Susanne Simmler, vier landwirtschaftliche Betriebe im Main-Kinzig-Kreis besichtigt und sich vor Ort informiert.
Simmler ist außerdem zuständige Dezernentin im Landkreis für das Amt für Umwelt, Naturschutz und ländlichen Raum (Amt 70), somit für die Abteilung Landwirtschaft. Amtsleiter Edgar Kreuzer sowie Abteilungsleiter Landwirtschaft Karsten Dill nutzen ebenfalls diese Gelegenheit, sich ein Bild von den aktuellen Entwicklungen auf den landwirtschaftlichen Betrieben in der Region zu machen. Der Ersten Kreisbeigeordneten liegen unter anderem die Themengebiete Direktvermarktung sowie die Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“ besonders am Herzen. Durch ihre Mitgliedschaft im Landfrauenverein steht sie im engen Kontakt mit den aktuellen Anliegen der Landfrauen und Betriebsleiterinnen.
Beim Besuch des Milchvieh-, Bullenmast- und Ackerbaubetriebes der Matthias und Karl-Otto Wacker GbR in Schöneck-Kilianstädten konnte man sehen, wie versucht wird, die Preiskrise durch die Direktvermarktung als weiteres betriebliches Standbein zu kompensieren. Die Bodenplatte für die „Milchscheune“ war bereits gegossen und der Milchabgabeautomat wartet auf den ersten Einsatz. Die Eröffnung der Milchscheune ist für den Herbst geplant.
Das Thema Regionalität steht dabei für Matthias Wacker im Mittelpunkt und er berichtete, dass das Rindfleisch über die beiden örtlichen Metzgereien vertrieben wird. Es gibt bereits Pläne, neben der eigenen Milch auch weitere regionale Erzeugnisse über die künftige Milchscheune zu vertreiben.
Betrieb mit Sonderkulturen, Ackerbau und Pferdehaltung
Weiterhin stand die Besichtigung der Hessischen Staatsdomäne Kinzigheimerhof in Bruchköbel von Alexandra Schneider an. Dort baut man auf Feldern in Maintal bis ins östliche Frankfurt hinein am Fechenheimer Mainbogen Erdbeeren, Zuckermais sowie Zuckerrüben und Weizen an. Zum Zeitpunkt des Besuches konnte die Zuckermaisproduktion und die neue, fast fertiggestellte Produktions- und Lagerhalle besichtigt werden. Der Betrieb ist breit aufgestellt. So wurde bei der Besichtigung auch über den Veranstaltungs- und den Pferdepensionsbereich als weitere Betriebszweige informiert.
Bauernhofeis als neuer Geschäftszweig
Auch stand der Besuch des Betriebes von Kirstin Jost und Heiko Hölzer in Sinntal an. Neben dem Anfang des Jahres fertiggestellten Laufstall mit Laufhof und zwei Melkrobotern weckte insbesondere die Produktion des Bauernhofeises großes Interesse bei der Besucherdelegation. Der Vertrieb des Eises erfolgt insbesondere über die Marke Landmarkt und ein Eismobil, welches auf vielen regionalen und überregionalen Märkten und Festen zum Einsatz kommt oder als „rollender Nachtisch“ auch für private und geschäftliche Feierlichkeiten gebucht werden kann.
Die Betriebsleiter berichteten von ihrer Motivation, in die Direktvermarktung von Speiseeis einzusteigen und den Plänen, trotz der schlechten Erlössituation dennoch zur Verbesserung des Tierwohls in einen modernen Stallneubau und entsprechende Technik zu investieren.
Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“
Den Abschluss bildete der Besuch auf dem Milchvieh- und Ackerbaubetrieb von Mark Trageser in Linsengericht-Waldrode. Hier ging es auch um die Frage, inwieweit junge Betriebsleiter in der jetzigen Situation noch über Investitionen nachdenken. Zentrales Thema war die Öffentlichkeitsarbeit des landwirtschaftlichen Berufsstandes. Der Betrieb Trageser engagiert sich darin sehr. Die Mutter des Betriebsleiters, Brigitte Trageser, ist zudem Vorsitzende der Bezirkslandfrauen Gelnhausen.
Die Teilnahme am Programm „Bauernhof als Klassenzimmer“ bindet neben der eigentlichen Betriebsführung erheblich viel Zeit. Simmler erkannte dieses Engagement an und sagte ihre Unterstützung bei der Entlastung der Betriebe durch eine Kooperation mit der Verwaltung in diesem Zusammenhang zu. Damit die im Rahmen des „Bauernhof als Klassenzimmer“-Programms aktiven Betriebe auch nach außen hin ihre Teilnahme dokumentieren können, wurden Hofschilder überreicht.
Anliegen der Betriebsleiter nicht zu spät erkennen
Die katastrophale Preissituation wurde bei allen Betriebsbesuchen angesprochen. Angesichts der schwierigen Ausgangslage für junge Betriebsleiter waren sich die Gesprächspartner einig, dass ein Umdenken einsetzen müsse, sowohl bei den Verbrauchern, bei den Molkereien aber auch bei den Landwirten.
Bruno Wörner, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes und Kreislandwirt, freute sich über das Interesse der Ersten Kreisbeigeordneten einen praxisnahen Blick in die moderne Landwirtschaft im Main-Kinzig-Kreis zu bekommen und sagte: „In der aktuellen Situation sind wir mehr denn je darauf angewiesen, dass Politik und Verwaltung verstehen, was unsere Landwirte derzeit bewegt. Hilfsprogramme für die Landwirtschaft werden auf EU-Ebene oft mit heißer Nadel gestrickt. Die Umsetzung erfolgt dann durch die Landwirtschaftsämter, die selbst den hohen Bürokratieaufwand und die teils praxisfernen Regelungen kritisieren.“ Aus Sicht Wörners funktioniert die Zusammenarbeit zwischen der Landwirtschaftsbehörde und den Betrieben im Kreis durchweg gut. Aber er kritisierte, dass zum Beispiel die Direktvermarktung von Milch seitens des Gesundheitsamtes oft schwer realisierbar sei.
Bild: Schildübergabe zur Teilnahme an der Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“, von links: Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler, Brigitte Trageser, Claudia Müller und Julia Trageser. Foto: Dr. Heiko Habermann
Landwirtschaftliches Wochenblatt 39/2016