Liebe Kunden,

die Bauerndemos über Deutschland verteilt sind in aller Munde.
Nächste Woche beginnt die Aktionswoche, in der die Bauern für Ihre berechtigen Interessen streiken werden. Es ist mit größeren Einschränkungen zu rechnen, die wir nicht abschätzen können.

Am Montag (08. Januar) wird in Wiesbaden demonstriert, am Donnerstag (11. Januar) in Frankfurt und der Höhepunkt ist dann am Montag (15. Januar) in Berlin.
Auch von unseren Mitarbeitern werden sich einige mit Traktoren auf den Weg nach Wiesbaden und Frankfurt machen. Das alles hat einen Grund.

Aber um was geht es denn eigentlich?

Der Ampelregierung sieht für den Haushalt 2024 vor, die Agrardieselrückvergütung und die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge zu streichen. Nach Agrarheute-Informationen beziffert das Landwirtschaftsministerium die zusätzliche steuerliche Belastung der Betriebe auf ca. 900 Mio. €.
Bei den rund 3 Mrd. € „klimaschädliche Subventionen“, die die Bundesregierung streichen möchte, sollen fast ein Drittel aus dem Agrardiesel und der Kfz-Steuerbefreiung kommen. Gemäß des Umweltbundesamtes wurden 2018 in Deutschland insgesamt 65 Mrd. € klimaschädliche Subventionen bezahlt. Auf die Landwirtschaft entfielen davon 6 Mrd. €, der Rest auf alle anderen Wirtschaftszweige. Während die Landwirtschaft ein Sechstel ihrer Beihilfen abgeben soll, sind es für den Rest der Volkswirtschaft nur noch 3%. Die Streichungen sind eine überproportionale Belastung für unsere Landwirtschaft.
Dabei produzieren die Landwirte Lebensmittel. Hierfür benötigen sie Landmaschinen, die derzeit nach wie vor auf fossile Brennstoffe angewiesen sind. Sie fliegen mit dem Diesel nicht nach Mallorca, sondern halten die Lebensmittelproduktion aufrecht.
Die produzierten Lebensmittel werden weltweit gehandelt, sodass die Familienbetriebe im Wettbewerb mit Ländern stehen, die zu deutlich geringeren Produktionskosten produzieren können. Zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit von Landwirten in Europa wurde die Agrardieselrückvergütung eingeführt. Während Nachbarländer wie Polen die Sätze für die Agrardieselrückvergütung für das kommende Jahr sogar erhöhen, sollen die ca. 20 ct Rückvergütung je Liter Diesel in Deutschland nun gestrichen werden.

Für unseren Betrieb sind es ca. 16.000 €. Diese Kosten müssten wir auf die Milch umlegen, wenn wir am Ende noch genauso viel wie vorher verdienen möchten. Das entspricht 3 Cent für die Milch, die wir für Sie verarbeiten.

Das gleiche gilt für die KFZ Steuer. Schlepper fahren mit grünen Nummernschildern, da sie von der KFZ Steuer befreit sind. Wir fahren zum größten Teil auf unseren Feldern und nicht auf Straßen, so dass auch keine Steuer für den Erhalt der Straßen gezahlt werden muss. Auch dieser Posten würde ca. 6000 € ausmachen und weitere 1,0 Cent Preissteigerung bedeuten.

Viele, oft familiengeführte Betriebe, müssen eng kalkulieren, um mit den Wettbewerbern aus EU- und Nicht-EU-Ländern Schritt halten zu können.
Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse werden an der Börse festgelegt, sodass landwirtschaftliche Betriebe die höheren Kosten nicht weitergeben können. Den Betrieben bleibt weniger Budget, um in nachhaltige Lösungen zu investieren. Die in Rede stehenden Streichungen konterkarieren daher die von der Regierung selbst so oft proklamierten Investitionen in eine nachhaltigere Agrarproduktion.
Im schlimmsten Fall bedeuten die Streichungen, dass weitere Betriebe aufgrund des steigenden Kostendrucks ihre Hoftore schließen müssen. So würden mehr Lebensmittel auf langen, emissionsträchtigen Transportwegen importiert werden – eine ironische Folge der sogenannten „klimaschädlichen Subventionsstreichungen“.

All das wäre vielleicht noch akzeptiert worden, wenn nicht in den letzten Jahren schon erhebliche Einschränkungen wirksam geworden wären, die Einkommenseinbußen mit sich gebracht haben.
Wir haben Einschränkungen bei der Düngung der Pflanzen, wodurch die Erträge zurück gehen.
Wir müssen 4 % unserer Flächen stilllegen, d.h. nicht mehr ernten, aber trotzdem bearbeiten.
Wir zahlen über die CO² Steuer mehr, obwohl wir die einzige (!!!) Branche sind, die den Ausstoß gesenkt und somit alle Klimaziele erreicht hat.
Wir haben in höhere Standards beim Tierwohl investiert, der Handel und die Verbraucher zahlen keine höheren Preise dafür.
Wir müssen Abstände zu Gewässern einhalten und in Hanglagen besondere Vorkehrungen gegen Erosion treffen – ohne Ausgleich.
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen…

Aber noch eines: Gerade wir Bauern mit Milchvieh reden nicht über eine stressige 38 Stunden Woche, die wir unbedingt auf 35 Stunden oder 4 Tage reduzieren wollen, sondern wir reden von 60-70 Wochenstunden. Hier geht es nicht um die Work-Life-Balance. Wir machen das, was wir tun, mit Herzblut und mit Leidenschaft.

Unsere Kühe geben jeden Tag Milch, diese wird in unserer Molkerei weiterverarbeitet, damit Sie die leckere Milch genießen können. Wir wünschen uns, dass das in Zukunft weiterhin der Fall ist. Aus diesem Grund freuen nicht nur wir als Weidenhof uns, wenn Sie die Landwirte und Landwirtinnen unterstützen, sondern letztendlich die ganze Bevölkerung in Deutschland. Bitte haben Sie Verständnis, wenn wir die Milch in der Aktionswoche verspätet liefern, da die Straßen blockiert sind. Ärgern Sie sich nicht, sondern freuen Sie sich, dass wir Landwirte uns auch für Sie einsetzen.

Herzliche Grüße
Claudia Müller