„Ich möchte beschreiben, wie es uns Landwirtsfamilien im Moment geht und dabei einen Vergleich mit unserem Schulsystem und unseren Lehrern wagen. Landwirtschaft wird in der Gesellschaft sehr kritisch betrachtet. Wir werden als Grundwasserverschmutzer, als Tierquäler, als Ökosystemvernichter in den Medien dargestellt. Von allen Seiten werden Wünsche und Ansprüche an uns gestellt. Wir sollen weniger düngen, wir sollen weniger intensiv arbeiten, wir sollen unseren Tieren ein gutes Leben gewähren und wir sollen die Freizeit nicht stören. Am Samstag und Sonntag die Ernte vorbereiten und einfahren oder Fahrradwege benutzen ist nicht gerne gesehen. Die Landwirtschaft ist mit einer ganzen Reihe von Ansprüchen konfrontiert, die aber nichts mit der Realität zu tun haben. Genährt durch mediale Berichterstattung und ein großes Maß an Nichtwissen gerät sie ins Abseits und die Landwirtsfamilien fühlen sich permanent angegriffen. Schule und Lehrern geht es ähnlich. Der Anspruch der Eltern an die Schulbildung und die Lehrer wird immer größeüür, während die Verantwortung für viele grundlegende Voraussetzungen unserer Kinder, wie Lern fähigkeit, Respekt und soziale Kompetenz von vielen Eltern nicht mehr wahrgenommen wird. Die Defizite der Kinder soll die Schule ausgleichen, sie ist dafür verantwortlich, wenn es hinterher nicht klappt mit der Bildung. Die Gesellschaft macht es sich in weiten Teilen bequem und überträgt Verantwortung auf andere! Wobei es noch differenzierter ist, denn der eine Teil gibt, gefühlt alle Entscheidungen ab, und der andere Teil fordert umso mehr.

Wo ist die Parallele?

Die einen konsumieren zu billigsten Preisen Lebensmittel und die Verantwortung für deren Herstellung hört am Preisschild auf. Die anderen sind die bewussten Verbraucher, die sich Lebensmittel wünschen, die deren persönlichem Wohlgefühl entsprechen. Die Kühe auf der Weide, das Bienchen auf der Apfelblüte, der Feldrain mit extensivem Bewuchs, der Landwirt auf der Scholle mit braun gebranntem Gesicht und nicht zu großen technisehen Geräten.
Beides hat nichts, gar nichts mit der Realität und Machbarkeit zu tun. Höchste, verklärte Ansprüche und maximale Verantwortungslosigkeit führen dazu, dass Landwirtsfamilien weder Perspektiven noch Rückhalt in der Gesellschaft haben.
In der Schule ist es ähnlich. Die Verantwortung wird zu großen Teilen am Betreten des Schulhofes abgeben. Auf Lehrer übertragen, die Erziehung statt Bildung übernehmen müssen und die keinen Rückhalt bei den Eltern haben. Und dann gibt es die anderen, die für ihr Kind nur das Beste und Schönste möchten, die fordern und fördern mit dem Erfolg, dass wir Kinder in die wohlgepolsterte Hängematte legen, mit Ansprüchen an das Leben, die ebenfalls nichts mit der Realität zu tun haben.
Ich male extrem Schwarz-Weiß und vernachlässige die vielen vernünftigen und verantwortungsvollen Menschen, aus denen wir und die Lehrer unsere Bestätigung und Motivation ziehen. Die Politik und die Gesellschaft setzt zwei ihrer tragenden Säulen aufs Spiel – Bildung und Ernährung!

Wir wünschen ihnen schöne Osterfeiertage!“

Claudia Müller und das Team vom Weidenhof

 Wächtersbacher Heimatzeitung 08/2019