Liebe Kunden und Freunde,
da mein Weihnachtsbrief im letzten Jahr ausgefallen ist, nutze ich die Zeit für einige Gedanken und für Infos über unser Leben auf dem Hof.
Wir leben im Moment in außergewöhnlichen Zeiten. Niemand hätte gedacht, dass ein Virus um die Welt getragen wird und unser gesamtes Leben verändert. Sind wir ehrlich – wir dachten, es geht alles so weiter wie bisher. Zwar unterhielt man sich oft und sagte – das kann so nicht weitergehen! Aber dass es so kommt, hätte niemand gedacht. Und trotz aller schlimmen Folgen, vor allem bei denen, die liebe Angehörige verlieren, müssen wir diese Krise nutzen, um uns zu besinnen. Es kann so nicht weitergehen! Wir tun Dinge auf dieser Welt, die unsere Daseinsgrundlage vernichten und wenn wir nach Corona so weiter machen wie bisher, wird das vermutlich auch geschehen. Nicht gleich, nicht in kurzer Zeit, die Erde und die Menschheit lebt in langen Zyklen, aber warum glauben wir eigentlich, dass gerade wir es sind, die ewig so weiter machen können, ohne das etwas passiert.
Eines will ich klarstellen. Ich bin kein Schwarzmaler und schon recht kein Pessimist, sondern versuche mit meinem Verstand die Dinge zu bewerten und realistisch einzuschätzen. Und diese Gabe gibt mir auch die Hoffnung, dass wir aus dieser Krise lernen werden. Die großen Mitspieler aber vor allem auch wir kleinen Spieler. JEDER muss sich verändern. Unsere Lebensweise müssen wir überdenken. Nicht alles, was wir für unveränderbar hielten ist es auch.
Plötzlich gehen Dinge, die wir nie für möglich gehalten haben. Schade ist, dass erst der Druck eines Virus uns davon überzeugen muss, dass wir Dinge anders machen können und ich wünsche mir sehr, dass wir das auch schaffen. In kleinen Schritten, jeder für sich, nach und nach Lebensweisen zum Guten verändern.
Was ist nötig für mich, was brauche ich wirklich, was kann ich getrost weglassen aus meinem Leben, worauf kommt es wirklich an in meinem Leben, was will ich ändern. Vielleicht mag jeder von Ihnen über diese Fragen nachdenken. Ostern lässt Raum dafür, es ist das Fest der Auferstehung Jesu ein Fest der Freude, weil sich plötzlich alles ändert. Lassen Sie uns auch etwas ändern und fangen wir mit kleinen Schritten jeder persönlich an – es gibt so viele Möglichkeiten.
Dies soll auch meine Überleitung zum Leben auf dem Weidenhof sein.
Corona hin oder her, hier muss es weitergehen. Unser Leben ist geprägt vom Denken in Zyklen, von der Saat zur Ernte, vom geborenen Kalb zur Milchkuh, von der Erhaltung unserer Böden und des Wassers bis zur Bestellung mit lebensnotwendigen Erzeugnissen. Und deshalb halten wir die Luft an, dass wir nicht in Quarantäne geraten, denn sonst wird es bei uns schwierig.
Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass April und Mai unsere arbeitsintensivsten Monate sind. Wir säen die Sommerfrüchte, das kann Sommergetreide wie Hafer sein oder den Mais für die Silage im Oktober. Für andere Betriebe ist es die Pflanzung von Gemüse und Kartoffeln oder die Aussaat von Zuckerrüben, Möhren, Erbsen, Bohnen und vieles mehr.
Für die Vorbereitung der Flächen muss unsere Gülle – bei uns ist es Gärrest aus der Biogasanlage, ausgebracht werden, damit die Pflanzen Ihre notwendigen Nährstoffe für ein gesundes Wachstum erhalten. Wir bringen die Gülle in aller Regel direkt am Boden aus, deshalb ist unser Güllefass auch so beängstigend groß, denn der Verteiler hängt noch zusätzlich an der Seite. Dieses Jahr war es eine Katastrophe durch den langen Regen. Wir konnten nicht auf die Flächen, das Lager war aber voll und so haben wir Stück für Stück, immer da wo es ging, Gärrest auf das Grünland ausgebracht. Dann wurde es trocken und wir konnten auf die Äcker fahren und gleich einarbeiten. Damit sind wir nun schon eine ganze Zeit lang beschäftigt. Durch die Trockenheit müssen wir zusätzlich die Äcker noch abschleppen und die Oberfläche ganz fein machen, damit das bisschen Wasser was noch vorhanden ist auch im Boden bleibt und nicht verdunstet. Unsere jungen Mitarbeiter fahren von morgens um 6.00 bis abends sehr spät, um alles vorzubereiten für die Aussaat des Maises. Daneben wird noch der Roggen für das Futtergetreide mit Pflanzenschutzmitteln behandelt, da nun auch das Unkraut auf den Flächen wächst und den jungen Roggenpflanzen das Wasser wegnimmt. Dann kommt bald die Aussaat, wenn das Wetter wärmer wird und dann brauchen wir dringend Regen.
Denn seit 4 Wochen gab es keine Niederschläge mehr. Das Grünland leidet unter den kalten Nächten und dem mangelndem Wasser und das Saatgut keimt nur dann, wenn es Feuchtigkeit hat. Verrückt, denn gefühlt hatten wir doch wirklich genug Regen in den letzten Wochen. Doch die Natur braucht Regen in regelmäßigen Abständen, nicht einmal aus Eimern und dann wochenlang gar nichts. Hoffen wir, dass sich die vielen Arbeitsstunden lohnen und die Saat aufgeht. Bis zur Ernte kann noch viel passieren.
In der Molkerei sind uns natürlich durch die Schließung der Cafes und Schulen viele Kunden weg gebrochen. Wir haben Touren zusammen gelegt und unsere Mitarbeiter haben untereinander Stunden getauscht, Urlaub und Überstunden genommen oder sind zu Hause geblieben und so können wir ohne Kurzarbeitergeld und große Einbußen über die Runden kommen.
Was uns freut sind sehr viele neue Kunden, die sich beliefern lassen, wir hoffen sie bleiben auch nach Corona bei uns. Der WeidenHofLaden wird sehr gut besucht, hier kann man „mit Abstand“ ruhig einkaufen oder vorbestellen und abholen. Wir haben das Sortiment ein wenig ergänzt, so dass alles hier erledigt werden kann. Vor allem ältere Kunden kommen gerne zu uns.
Das Frühjahr ist die Zeit der neuen Produkte und so gibt es nun auch wieder Trinkjoghurt, Dickmilch und als Versuch – Joghurt im Glas.
Gestern haben wir viele Gläser mit Kartoffelsuppe, Chili, Bolognese und Schweinegeschnetzeltes eingekocht, damit man zu Hause eine Vorrat anlegen kann. Und weil viele Kunden und Kinder gerne die Milchmischgetränke trinken haben wir einen zweiten Automat im Hof aufgestellt in dem viele Produkte, die es auch im Laden gibt angeboten werden. Nun kann auch noch Milch außerhalb der Öffnungszeiten gekauft werden.
Not macht erfinderisch und so entstehen viele neue Ideen, nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Gesellschaft. Arbeiten von zu Hause, gemeinsame Kinderbetreuung, Lieferdienste, gemeinsame Zeit mit der Familie, aber natürlich auch sehr viele schwierige Situationen in der Pflege, in der Landwirtschaft, in Unternehmen, die keine Einnahmen mehr haben und vor der Insolvenz stehen. Im Moment will ich gar nicht darüber nachdenken, wie wir die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise meistern wollen, das wird uns noch viele Einschränkungen abverlangen.
Nun wünschen wir Ihnen schöne Osterfeiertage und bedanken uns ganz herzlich bei Ihnen für Ihre Treue und Unterstützung. Wir tun alles, um den Herausforderungen gerecht zu werden, verzeihen Sie uns, wenn es manchmal nicht klappt. Es sind außergewöhnliche und unplanbare Zeiten und wir kommen besser durch die Zeit mit Verständnis und Rücksichtnahme.
Wir danken allen, die in unserer Gesellschaft trotz Ansteckungsgefahr weiterhin Ihrem Beruf nachgehen, das Leben am Laufen halten und mit neuen Ideen den Alltag bereichern.
Unsere Familie ist dankbar für unsere tollen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sich solidarisch untereinander austauschen, verantwortungsvoll den Lieferservice aufrechterhalten mit hohem Einsatz die Äcker bestellen, den Tierbestand betreuen und Milch und Joghurt herstellen.
Wir sollten aufeinander achten und mit Zuversicht und Vernunft in die kommende Zeit gehen, damit wir die richtigen Schlüsse aus der Krise ziehen.
Ihre Familie Müller und das Weidenhofteam wünschen Ihnen schöne Osterfeiertage, bleiben Sie gesund und schauen Sie mit Zuversicht in unsere gemeinsame Zukunft!
P.S. Im Hof stehen nun 3 Automaten zur Selbstbedienung. Heute haben wir endlich alles eingeräumt, so dass Sie sich gerne bedienen können. Wir haben nun auch Grillsteaks und Bratwürste, sowie Rohesser und eingekochte kleine Gerichte, wie Bolognese, Chili, Kartoffelsuppe etc. verfügbar.
Es könnte ja sein, dass über Ostern der Kühlschrank leer wird.
Ein Automat steht hinter dem Haus unter dem Carport und zwei im Hof.